Heine und Eichendorff zu Gast in der Schleuse
„Im wunder schönen Monat Mai …“, das ist die erste Zeile von Robert Schumanns Liederzyklus „Dichterliebe“ op. 48, in dem er 16 Gedichte von Heinrich Heine vertonte. Die Zeile wurde auch zum Motto des 5. Magdeburger Schleusenkonzertes, das Bariton Burkhard von Puttkamer mit seinem Pianisten Martin Ullrich an einem ungewöhnlichen Konzertort gab.
Auf dem Oberdeck des Flusskreuzfahrtschiffes MS „Swiss Coral“ hatte sich neben den Schifffahrtsgästen eine große Gemeinde an Liederfreunden eingefunden, die in der Tiefe der Doppelsparschleuse Hohenwarthe die eigenwillige Akustik der 19 Meter tiefen Kammer erleben wollte. Neben den wunderbar ironischen Liedern nach Heines Texten hatte der Sänger auch Lieder nach Eichendorff ins Programm aufgenommen. So Robert Schumanns „Der frohe Wandersmann“, „Der Einsiedler“, „Der Schatzgräber“ und „Frühlingsfahrt“, von Johannes Brahms „Lied“, „Anklänge“, „In der Fremde“ und „Mondnacht“ sowie Hugo Wolfs „Der Musikant“, „Die Nacht“ und „Verschwiegene Liebe“. So wurde das Konzert auch ein Abend der romantischen Dichter, ein anspruchsvolles großes Programm.
Burkhard von Puttkamer ist ein versierter Liedersänger mit weicher, ausdrucksvoller Stimme, dem die schwere Kunst des Liedgesangs vertraut ist. Zum fünften Mal sang er hier bereits, unterstützt vom Wasserschifffahrtsamt ,von den Mitarbeitern des Schiffes, des Reiseunternehmens und vom Richard-Wagner-Verband Magdeburg.
„Zum ersten Mal war alles perfekt“, schwärmte der Sänger. Vielleicht hat die perfekte Logistik den Sänger der verwunschenen, besonderen Orte – er sang in Bergwerken, Straßenbahnen und vor einem Eisberg der Antarktis – so sehr mitgerissen, dass dem Konzert selbst nicht mehr die volle Aufmerksamkeit zukommen konnte. Nach den sehr schönen Eichendorff-Liedern, besonders die von Brahms und Hugo Wolf, blieb die berühmte „Dichterliebe“ seltsam matt. Melancholie und Schwermut waren zu hören, statt feiner Ironie und musikalischer Frechheit. Deutlich wurde dies etwa bei Heines Satire „Im Rhein, im heiligen Strome“ oder „Aus alten Märchen winkt es“. Viel schöner die heiteren Lieder, aber auch hier hätte die mächtige Schleusenkammer etwas mehr Schärfe vertragen.
Dennoch wurde die Unternehmung zu einem wunderbaren Gesamterlebnis.
Liane Bornholdt, Volksstimme, 13.05.2008